Ein freier Sonntag. Nach einer langen Woche endlich Zeit für einen Kaffee und um Tagebuch zu schreiben. Also bin ich trotz dichtem Schneefall Richtung Nachbarstadt gefahren. Ich sitze noch nicht lange am Tisch als eine ältere Frau reinkommt. „Magst du lieber allein sitzen oder darf ich dir Gesellschaft leisten?“ Ich überlege kurz: „Ist okay“, sage ich, und sie setzt sich mir gegenüber. Schon bald beginnt sie ein Gespräch. Oh nein, denke ich – ob ich hier noch zum Schreiben komme? Ich bin nicht ganz sicher warum sie sich ausgerechnet zu mir gesetzt hat. Während des Essens erzählt sie von dem Viertel, in dem sie wohnt, und von den Reisen in ferne Länder. Sie reist seit Jahren allein. Ob ihr das nicht langweilig wird, nur so mit sich allein unterwegs zu sein, frage ich sie. „Auf keinen Fall! Ich liebe es. Ich treffe überall Menschen. Ich setze mich oft dazu – selbst in Frankreich, wo das eigentlich total verpönt ist!“ Manchmal reist sie mit ihrem Sohn, oder Freunden. Wobei sie ihre Freunde mittlerweile in ganz Europa trifft. Jeden Winter treffen sie sich in den Bergen, um Ostern geht es nach Südfrankreich. Nächste Woche fährt sie wieder auf Tour, gemeinsam mit ihrem Wohnwagen. Bei ihrer unkomplizierten und offenen Art kann ich mir das sofort vorstellen: so lernt man Freunde in der ganzen Welt kennen.

Früher war sie Lehrerin. Heute im Ruhestand genießt sie das Leben allein. „Ich brauche keinen Lebenspartner, nur weil ich mal einsam bin. Das wäre ja bescheuert. Manche gucken da ja im Internet oder suchen jemand für eine kurze Nacht. Das ist nichts für mich. Ich genieße mein Leben wie es ist!“ Eine unerwartete Begegnung mit einer Frau, die das Leben und die kleinen Dinge liebt: sie schaut aus dem Schaufenster, und freut sich wie ein kleines Kind über das winterliche Wetter. Und so schaue ich ihr hinterher wie sie im Schneegestöber verschwindet, und schüttle den Kopf über diese zwischenmenschliche Begegnung mit einer Frau, deren Namen ich noch immer nicht weiß.

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